Abschied von den Machtwächtern

Von EDGAR FRANZMANN

Es war genau 11.11 Uhr Samstagnacht, am 31. März 2001, als ein Stück Kabarett-Geschichte in Köln zu Ende ging: der letzte Applaus für Wiltrud Fischer und Heinz Herrtrampf verklang, die „Machtwächter“ verließen nach 35 Jahren ihre Bühne in der Gertrudenstraße 34.

Zur letzten Vorstellung hatten sich Fans und Freunde des Paares eingefunden: die Ex-Minister Jürgen Schmude (SPD) und Gerhart Baum (FDP), Pfarrer und Ausstellungsmacher Friedhelm Menneckes, Kabarettist Jochen Busse, „Senftöpfchen“-Prinzipalin Alexandra Kassen, Kulturdezernentin Marie Hüllenkremer, Kulturausschuss-Vorsitzender Franz-Josef Knieps, Schauspieler, Journalisten. Der letzte Beifall wurde zur „standing ovation“.

Während im Foyer und im Treppenhaus mit Lachs- und Käseschnittchen, Sekt und Kölsch gefeiert wurde, füllte sich die verlasene Bühne mit dutzenden Blumensträußen und vielen einzelnen roten Rosen. Ein Arrangement fast wie in einer Friedhofskapelle. „Ich fühle mich ein wenig wie auf meiner Beerdigung“, hatte Wiltrud Fischer vor der Vorstellung leise gesagt. „Aber ich will, dass heute richtig gefeiert wird.“

Tatsächlich geriet der Abend denn auch vorwiegend heiter. Wiltrud Fischer und Heinz Herrtrampf attackierten in ihrem 27. und letzten Programm bös und bissig wuie immer die Spaßgesellschaft zwischen Internet und Talkshow-Gequassel. Und damit keiner auf die Idee käme, sie hätten ihren Job nicht bis zur letzten Minute ernst genommen, war das Ganze gespickt mit topaktuellen Spitzen.

Den Job beim Einlass und an der Kasse vor und nach der Vorstellung erledigten die beiden selbstverständlich auch am letzten Abend gewissenhaft wie 35 Jahre lang zuvor. Und an der Bar stand zum letzten Mal „Machtwächter“-Komponist Wully Hoyer, der Dritte im Bunde, der künftig „nur“ noch seinem Hauptberuf an der Rheinischen Musikschule nachgehen wird.

Wiltrud Fischer und Heinz Herrtrampf wollen jetzt tatsächlich privatisieren, was man sich bei diesem Power-Paar kaum vorstellen kann, endlich Zeit haben, Köln und die Welt zu entdecken.

(Quelle: koeln.de, 1.4.2001)