Pfarrer Mennekes – Geballte Kraft

Pfarrer Friedhelm Mennekes

Pfarrer Friedhelm Mennekes

Erschienen im Kölner Stadt-Anzeiger am 10. Juni 1995 in der Serie „Favoriten“ der Kölner Kulturszene

Von Friedhelm Mennekes, Pfarrer an Sankt Peter

Köln ist an Abwechslung nicht arm: Museen und Galerien, Kirchen und Kneipen, Bühnen, Konzerte, Kongresse – doch gefragt nach meinem Kulturtipp, schießt es sofort aus dem Bauch: das Kabarett-Theater „Die Machtwächter“ in der Gertrudenstraße 24. Unvergessen mein letzter Besuch bei den „Brand-Sätzen“, ein kabarettistisches Feuerwerk politischer und sozialer Kritik.

Mit klagender Wut und ironischen Frechheiten wurden die Pestbeulen der selig-vereinigten Nation aufgestochen: Ausländer und Asylanten, die deutschen Säbel „Out of Area“, die übereifrige Öko-Zwangsbeglückung … und es ging hart und unbekümmert an jeden einzelnen, an unsere kleinen Lüste auf „Reality-TV“ und nicht zuletzt an die Themen, die uns so lästig in den Ohren sitzen: Oranienburg steht für Auschwitz, und Solingen für Lübeck und vielleicht auch bald für Köln.

Mit geballter Kraft wirbeln sie nun schon seit 30 Jahren als Solo-, Haupt- und Nebendarsteller die Kölner durcheinander: Wiltrud Fischer und Heinz Herrtrampf. Von tosendem Applaus bis hin zu Nachdenklichkeit und moralischem Erschrecken wurden wir in den Stuhlreihen gepackt. Diese Wechselbäder gelingen, weil sie mit Hingabe und hohem Talent ihre Rollen in rasantem Tempo zu wechseln und zu spielen wissen.

Sie packen es an, was unsereiner auf der Kanzel allenfalls zwischen zwei Finger zu nehmen weiß; sie sprechen es aus, was ich zwischen den Zeilen verstecken muss. Sie haben eine befreiende Ausgelassenheit und einen tiefen Humor, der einen wirklich zum Lachen verleitet und dann über die eigene Reaktion erschrecken lässt. Es lief viel Moral über die Bühne: Frieden, Toleranz, Respekt, Scham … und doch so ganz ohne Moralin.

Es klingt seltsam, aber ich denke oft an die zwei, wenn ich die Predigt vorbereite. Ich wünschte mir für mich die gleiche Glaubwürdigkeit, wenn ich eine reinigende Katharsis ansteuere. Sie leben natürlich mit ihrem Programm nicht allein: Da gibt es die Musiker Wully Hoyer und Gerd Mersch, die Texter Peter Maiwald, Hans Frank u.a. Soeben bereiten sie für den Herbst ein neues Programm vor.

Friedhelm Mennekes, Jesuit und Pfarrer, leitete von 1987 bis 2008 die Kunststation Sankt Peter in Köln.