30 Jahre scharf
Express, 1. März 1996
Zwei Kultfiguren Kölns: Ihr Kabarett hat heute Jubiläum
Von Werner Aschemann
Hin und wieder trifft der Köln-Bummler ein schönes, schwarzgewandetes Paar in der Stadt. Alterslos jung, gelassen, heiter und ganz offensichtlich mit sich im Reinen: Wiltrud Fischer und Heinz Herrtrampf, die „Machtwächter“.
Heute, genau am 1. März, sind es 30 Jahre her, dass dieses Paar zum ersten Mal Kabarett in Köln machte. Da flogen die Fetzen: Immer kurz und trocken gab’s was auf die Rippen. Die Apo kündigte sich an.
In alten Kritiken kann man das nachlesen. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ schrieb einmal: „Sie hatten eine gute Nase für das Braune im Land und die geheimen Nistplätze der Korruption.“
Immer noch typisch für die beiden: Gehen Sie doch einfach mal in das hübsche kleine „Machtwächter“-Theater in der Gertrudenstraße 24. Schauen Sie sich die alten Plakate an, lesen Sie die unzähligen an die Wände gepinnten Kritiken: Sie finden einen Querschnitt durch deutsche Seelen-Sümpfe dokumentiert.
Und hören Sie dann ein Programm von heute: Das schöne, schwarzgewandete Paar kann böse werden wie kaum ein anderes Kabarett in Deutschland. Es kann singen und tanzen und versprüht immer einen Schuss Erotik dazu. Es hat Pep und Witz. Und das mit einer Beständigkeit, die einmalig ist in dieser Szene.
Einmalig ist auch: Es gab mal ein Programm, das hieß „Ihr schönster Tag“. Das ist über Jahre hinweg ein Kultstück geworden (ausgezeichnet mit dem Deutschen Kleinkunstpreis) und lief 1.000 Abende lang.
Vor zwanzig Jahren traf diese Satire auf Eheglück und –alltag so heftig ins Mark, dass dem Kabarettisten-Paar Scheidungsanzeigen zugeschickt wurden: „Ihr Beispiel hat gewirkt.“
Die Münchner haben ihre „Lacht & Schieß“-Leute, xmal gewendet. Die Düsseldorfer haben ihr Kom(m)ödchen, ein Kabarett-Möbel, das auch zu Lebzeiten der Lorenz‘ schon klemmte. Köln hat seine „Machtwächter“, ganz klar die Kinder des Olymp.